Metternich
Douban
Stratege und Visionär
Wolfram Siemann
Übersicht
Metternich gilt seit je als Inbegriff der Reaktion, als rückwärtsgewandter Feind aller liberalen und nationalen Kräfte. Wolfram Siemann zeichnet in seiner grandiosen Biographie ein fundamental neues Bild des Staatsmannes, der für vier Jahrzehnte die Geschicke Europas prägte. Metternichs Denken war moderner, seine Diagnosen hellsichtiger und sein Wirken zukunftsweisender, als man ihm bisher zugestanden hat.
„Ein Mann wie ich scheißt auf das Leben von einer Million Menschen!“, erklärte Napoleon seinem Gegenspieler Metternich im Jahr 1813. Clemens Fürst von Metternich (1773 - 1859) erlebte die mehr als zwanzig Jahre andauernden Kriege in Europa als Zusammenbruch der Zivilisation. Fast prophetisch sah er voraus, dass der Freiheitsdrang der Nationen in eine noch blutigere Katastrophe münden würde. Metternichs Friedensordnung von 1815 kann nur vor diesem Hintergrund begriffen werden. Das gilt sogar für seine repressiven Maßnahmen gegen jeden drohenden gesellschaftlichen Aufstand. Auf der Grundlage zahlreicher neuer Quellen lässt Wolfram Siemann einen schillernden und vielschichtigen Mann vor unseren Augen lebendig werden: Metternich war ein traditionsbewusster Reichsgraf und ein frühindustrieller Unternehmer, ein Bewunderer der englischen Verfassung, ein scheiternder Reformer in einem fragilen Vielvölkerstaat und ein Verehrer der Frauen.
Diese Biographie ist ein Meilenstein und taucht nicht nur Metternich, sondern die Geschichte des 19. Jahrhunderts insgesamt in ein neues Licht.
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INHALT
EINLEITUNG
1. Ein Mann – sieben Epochen
2. Metternich-Biografen im Wandel der Generationen
3. Risiken und Grenzen der Metternich-Biografie Heinrich von Srbiks
I. HERKUNFT: Familienbande und Aufstieg
4. Die Ministerialen
5. Die Herren von Königswart
6. Die Freiherren von Winneburg und Beilstein
7. Die Grafen als reichsunmittelbare Mitglieder des Reichstags
8. Die Fürsten in der Beletage
II. GENERATION: Ancien Régime und Aufklärung 1773–1792
9. Elternhaus, Kindheit und Erziehung
10. Studienzeit in Straßburg und Mainz: Die Formung einer politisch-historischen Weltsicht
III. DIE DOPPELTE KRISE: Reich und Revolution 1789–1801
11. Fin de Siècle: Die Kaiserwahlen 1790 und 1792
12. 1789: Der Einbruch der Französischen Revolution
13. Brüssel und die österreichischen Niederlande
14. Die Reise nach Großbritannien: Der Schlussstein im politischen Kosmos des jungen Metternich
15. Zusammenbruch und Flucht 1794
16. Neubeginn zwischen Wien, Königswart und Austerlitz
17. Zeit des Übergangs: Der Diplomat im Wartestand 1796–1801
IV. ZWISCHEN FRIEDEN UND KRIEG: Gesandtschaftserfahrungen 1801–1806
18. Dresden 1801–1803: Der Gesandte auf dem «Beobachtungsposten»
19. Berlin 1803–1806: Der Gesandte auf der großen Bühne der Diplomatie
20. Der Friede von Preßburg und das nahende Reichsende
V. WELTKRIEG: Exposition und Steigerung 1806–1812
21. Die Pariser Botschafterzeit 1806–1809: In der «Höhle des Löwen»
22. Gesandter auf Abruf, Gefangener Napoleons unter Hausarrest
23. Der Interimsminister, von Napoleon ausmanövriert
24. Der Minister des neuen Kurses: Defensivpolitik nach innen und die Eheanbahnung 1809/10 im Äußeren
25. Der Außenminister auf Reisen: 181 Tage bei Napoleon
26. Konsolidierung nach innen und nach außen 1810–1812
VI. WELTKRIEG: Peripetie und Krise 1813
27. Metternichs diskrete Sammlung der Kräfte
28. Der taktische Weg in die «bewa nete Mediation»
29. Österreichs Eintritt in den Krieg: Die Quadrupelallianz
VII. WELTKRIEG: Katastrophe und Lösung 1814
30. Der Endkampf gegen Napoleon und die Präguration der Wiener Ordnung
31. Die zweite Englandreise unter den Vorzeichen des Wiener Kongresses
32. Metternich, der Krieg und die Gewalt in der Politik
VIII. EUROPA ZWISCHEN ABSCHLUSS UND NEUBEGINN: Der Wiener Kongress 1814 /15
33. Die «Kosmopoliten»: Rechtsstiftung auf dem Fundament imperialer Ordnungen
34. Ein Masterplan? Metternich zwischen Realpolitik, Strategie und Vision
35. Der Kongress am Rande des Scheiterns: Krisenthemen als Prüfstein des Äquilibriums
36. Das Habsburgerreich: Fluchtpunkt des Alten Reichs und der deutschen Frage
37. «Deutschland – vereint durch ein föderatives Band»: Metternichs Anteil an der Gründung des Deutschen Bundes
38. «Der Kongress tanzt» – besonders bei Metternich
IX. DER FRAUENVERSTEHER UND MAJORATSHERR
39. Ikonogra e und Zeitgebundenheit der Liebe
40. Politik und Geliebte: An den Höfen in Dresden, Berlin und Paris
41. Wilhelmine von Sagan und die Verwirrung der Gefühle
42. Dorothea von Lieven: «Nähe der Geliebten»?
43. Ehefrauen, Kinder, Familienbande und Heimsuchungen
X. KONSTRUKTION UND NEUBEGINN:
Reform und Umbau 1815–1818
44. Metternichs Vision einer Nationalitätenpolitik am Beispiel Italiens
45. Italienreisen in ein glückliches, unregierbares Land
46. Metternichs Plan einer Reorganisation der Gesamtmonarchie
47. Habsburg und der Deutsche Bund: Eine Selbstvergewisserung Metternichs und Preußens 1817 / 18
XI. DEFENSIVE SICHERHEITSPOLITIK:
Gefahrenabwehr im Horizont des Wiener Systems 1815–1829
48. Napoleons «Hundert Tage»: Die Aktivierung des europäischen Sicherheitssystems
49. Verwerfungen in den europäischen Gesellschaften nach 1815
50. Metternich und die britische Sicherheitspolitik 1817–1820: Vorwand oder Revolutionsabwehr?
51. Die Radikalisierung der deutschen Nationalbewegung: Wartburgfest und Sand-Attentat
52. Metternichs zögerliche Reaktionen: Presse – Professoren – Studenten
53. Von Teplitz nach Karlsbad: Die Konferenzen zur inneren Sicherheit (1819 /20)
54. Metternichs Impulse für Entwicklung und Ausbau der Deutschen Bundesverfassung: Die Wiener Schlussakte (15. Mai 1820)
55. Terrorismus und Sicherheitspolitik als europäisches Problem: England, Frankreich und Metternich
56. Das zweischneidige Schwert der Intervention und das «Europäische Konzert» – Ideologisierungen
57. Das «Europäische Konzert» und die defensive Sicherheitspolitik der 1820er Jahre
XII. DER ÖKONOM: Als sozialer Patriarch vom Reichsgrafen
zum Frühkapitalisten
58. Finanzielles Krisenmanagement
59. Der Agrarökonom: Landwirt – Weinbauer – Forstwirt
60. Der frühindustrielle Fabrikant und Unternehmer
XIII. VÖLKERFRÜHLING IM PAUPERISMUS: Vormärz 1830–1847
61. Die Julirevolution 1830 und Metternichs internationales Krisenmanagement
62. Kommunikationsrevolution – Völkerfrühling – Staatssicherheit
63. Tolerierte Nachfolgerevolutionen
64. Vom Orient an den Rhein: Die Herausforderung des «Konzerts» der Großmächte
65. Zollpolitik im Blickfeld Metternichs
XIV. DIE ORGANISATION DER HERRSCHAFT: Machtzentren – Netzwerke – Interessen – Intrigen
66. Herr der Staatskanzlei
67. Im Korsett des «persönlichen Regiments» unter Kaiser Franz
68. Das Vermächtnis des Kaisers Franz – ein System «mit einem Trottel, der die Krone repräsentiert»
69. Statt Staatsreform Systemkrise: Metternich gegen Kolowrat
70. Lobbyismus – kaiserliche Hausmachtpolitik – Ständewesen
XV. REVOLUTION – FLUCHT – EXIL: 1848–1851
71. Revolution 1848: «Wetterleuchten», Ausbruch und Flucht
72. Metternichs Alter Ego im englischen Exil 1848/49
73. Brüssel 1849–1851 – auch eine Vision: Metternichs Blick zurück in die verhinderte Zukunft einer liberalen Wirtschaftspolitik
XVI. «AUF DEM OBSERVATORIUM»: Lebensabend in Wien 1851–1859
EPILOG: Metternich, der Postmoderne aus der Vormoderne
ANHANG
Eine Danksagung als Nachwort
Anmerkungen
Abkürzungen
Ungedruckte Quellen aus Archiven
Gedruckte Quellen
Forschungsliteratur
Abbildungsnachweise
Personenregister